Eine
Adoption In Russland erfolgt ausschließlich auf Grund einer gerichtlichen
Entscheidung und sie als Auslandsadoption erfordert in Deutschland eine
gerichtliche Anerkennung. Es kommt auch vor, dass Adoptionsentscheidungen eines
russischen Gerichtes in Deutschland nicht anerkannt werden.
Die
Nichtanerkennung einer Auslandsadoption in Deutschland führt unter Umständen zu
gravierenden Folgen. Zum einen ist die Entscheidung des russischen Gerichtes
über die Adoption rechtskräftig und kann praktisch nicht mehr abgeändert oder
aufgehoben werden. Zum anderen ist das Kind schon aufgrund dieses Urteiles adoptiert
worden und es kann somit zweites Mal (wiederholt) nicht adoptiert werden.
Beispiel:
Ein Ehepaar aus Deutschland will
ein Kind in Russland adoptieren. Es beantragt vor einem russischen Gericht eine
Adoption. Die Eheleute adoptieren aufgrund der Entscheidung des russischen
Gerichtes das Kind, kommen nach Deutschland und beantragen vor einem
zuständigen Gericht in Deutschland eine Anerkennung dieser Adoption. Das
Gericht lehnt die Anerkennung der Entscheidung des russischen Gerichtes ab.
Was bedeutet die Anerkennung
einer ausländischen (russischen) Adoption in Deutschland?
Im
Großen und Ganzen überprüft das deutsche Gericht, ob die Entscheidung des
russischen Gerichtes mit dem deutschen Recht, insbesondere mit Grundrechten
vereinbar ist und es überprüft auch (obwohl es sich paradox anhört!), ob das
russische Gericht das russische und u.U. das deutsche Recht richtig angewendet
hat.
Angesichts
der aktuellen Gesetzeslage in Russland ist es kein Fall ersichtlich, ob
russische Gesetze als solche mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtes
(ordre public) offensichtlich unvereinbar sind.
Demzufolge
sind nur solche Fälle als Verstoß gegen ordre public denkbar, bei denen die
russischen Gesetze fehlerhaft angewendet wurde.
Im
Mittelpunkt aller Probleme bei der Anerkennung einer Auslandsadoption steht § 2 Abs. 1 AdWirkG (das deutsche
Adoptionswirkungsgesetz) i.V.m. § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG (das deutsche Gesetz über das Verfahren in Familiensachen
und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Anerkennung ist danach ausgeschlossen, wenn sie
zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen
Rechts (ordre public) offensichtlich unvereinbar ist.
Hier sind ein paar Beispiele
aus deutscher Rechtsprechung.
1. Die Entscheidung des OLG
Köln Senat für Familiensachen, Beschluss vom 17.10.2012, II-4 UF 171/12, 4 UF
171/12
Das deutsche Gericht hat hier
die Anerkennung der Adoption aus Russland abgelehnt, weil das russische Gericht
das im Adoptionsverfahren sehr wichtige Merkmal „Kindeswohl“ nicht ausreichen
geprüft hat. Das russische Gericht hat das wiederum nicht gemacht, weil es
keine Kenntnis von der Auslandsadoption hatte. Die Antragsteller haben eine
„normale“ inländische Adoption beantragt und ihren Wohnsitz in Deutschland
verschwiegen, obwohl sie seit 1994 in Deutschland lebten und auch nach der
Adoption mit dem Kind weiter zu leben vorhaben.
Das
russische Amtsgericht war hier sachlich nicht zuständig. Für Auslandsadoption
in Russland ist ausschließlich das Landgericht zuständig. Die Anforderungen an
den Antrag waren nicht erfüllt. Die Antragsteller sollten dem Gericht einige
Unterlagen aus Deutschland vorlegen u.a. eine Elterneignungsprüfung. In
Ermangelung der Kenntnis über die Auslandsadoption hat sich das Gericht mit den
Tatsachen des Kindeswohls in Bezug auf Ausreise nach Deutschland nicht
auseinandergesetzt.
Hinweis
Die
Nichtberücksichtigung des internationalen Charakters
einer Adoption stellt demnach als relevantes
Anerkennungshindernis dar.
Fazit
Hier
wurde ein leichterer Weg gewählt, der jedoch zum falschen Ergebnis geführt hat.
Der leichtere Weg ist nicht immer der richtige!
2. Die Entscheidung des OLG München
31. Zivilsenat, Beschluss vom 05.12.2011, 31 Wx 83/11
In
diesem Fall ist das russische Gericht wieder von einer Inlandsadoption
ausgegangen, weil die Antragstellerin den Auslandsbezug verschwiegen hat.
Das
deutsche Gericht hat hier die Anerkennung der russischen Adoption aus zwei
wesentlichen Mängel versagt. Zum einen fehlt es an der umfassenden
Elterneignungsprüfung einer deutschen Behörde unter Einbeziehung des
vorgesehenen Lebensmittelpunktes in Deutschland. Denn eine solche umfassende
Prüfung ist zur Erfüllung des Erfordernisses einer Ausrichtung am Kindeswohl
unverzichtbar.
Hinweis
Die Elterneignungsprüfung einer
zuständigen deutschen Behörde ist eine unerlässliche Voraussetzung für den
Adoptionsantrag vor dem russischen Gericht. Da die Antragstellerin die
Auslandsadoption verschwiegen hat, wurde diese Anforderung umgegangen.
Zum anderen hat das deutsche
Gericht zu Recht festgestellt, dass es nach russischem Recht nur dann die
Auslandsadoption möglich ist, wenn sie zuvor für einen Zeitraum von mindestens
sechs Monaten (jetzt 12 Monate) in einer entsprechenden Datenbank registriert
und die Bemühungen um Vermittlung zu einer Adoption in Russland erfolglos
waren.
Hinweis
Die Umgehung dieses zum Wohl
des Kindes dienenden Schutzmechanismus stellt ebenfalls einen Verstoß gegen
wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts dar.
Fazit
Es ist stets darauf zu achten,
dass die Entscheidung des russischen Gerichtes vom deutschen Gericht überprüft
wird. Die gewollten oder ungewollten Verschleierungen bestimmten Tatsachen vor
dem Gericht in Russland könnten vom Gericht in Deutschland nicht unentdeckt
bleiben.
Zum Schluss ist folgendes anzumerken.
Für
eine Anerkennungsfähigkeit der russischen Adoptionsentscheidung in Deutschland
ist daher zwingend erforderlich, dass diese sich mit Fragen auseinandergesetzt
hat, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl
dient, die Elterneignung der
Adoptiveltern gegeben ist und eine Eltern-Kind-Beziehung
bereits entstanden bzw. ihre Entstehung zu erwarten ist.
Alle
drei Elemente werden sowie im deutschen als auch im russischen Adoptionsrecht
vorgesehen.
Von
dem rechtlichen Ausgangspunkt her scheidet eine Anerkennung einer ausländischen
Adoptionsentscheidung auf jeden Fall aus, wenn im ausländischen
Adoptionsverfahren eine zureichende Kindeswohlprüfung ersichtlich überhaupt
nicht erfolgt ist.
Aleksej Dorochov
Russischer Advokat
Kanzleisitz in Neu-Ulm, Deutschland